Suchen Sie noch nach der nächsten Generation?

Wenn Fundraising in einem Umbruch und einem Zeitenwandel steht und die bisherigen Spender:innen immer weniger werden, dann ist es scheinbar folgerichtig, nach der nächsten Generation zu suchen. Schließlich wird überall von „Generationen“ gesprochen, welche Merkmale sie hat und wie sie sich verhalten soll.

„Generationen“ existieren nicht

Allerdings könnte diese Suche vergeblich sein oder sogar in die Irre führen: „Generationen“ im soziologischen Sinn als Geburtskohorten, die bestimmte Einstellungen und Verhaltensweisen auszeichnet, gibt es nicht. Sie lassen sich empirisch nicht nachweisen. Dafür wurde umfassend eines der größten Datensätze der Bundesrepublik, das Sozioökonomische Panel, ausgewertet. Es existiert schlicht und einfach kein Zusammenhang zwischen Einstellungen, Verhaltensweisen und Geburtsjahrgängen.

Die Annahme, es gäbe so etwas wie soziale Generationen, ist auch theoretisch abwegig. Denn dies würde bedeuten, dass Menschen – so unterschiedlich sie sind – vergleichbare Erfahrungen machen und diese auch in gleicher Weise verarbeiten. Dafür sind aber unsere Ausgangsituationen schon zu unterschiedlich. Hinzu kommt, dass die Einteilung der Generationen willkürlich ist. Es ist vollkommen unplausibel, warum gerade zwischen zwei Jahren ein Epochenbruch sein soll. Wenn aber die Einteilung in Generationen willkürlich ist, steht das Konzept auf tönernen Füßen, die es nicht tragen können.

„Alter“ spielt bei Spender:innen keine Rolle

Und es kommt für alle diejenigen, die nach Generationen suchen noch Schlimmer: Der Spendenmonitor zeigt, dass seit etwa fünf Jahren Spender:innen sozio-demografisch nicht mehr beschrieben werden können. Und damit gilt auch: Alter ist kein Kriterium, um Zielgruppen abzugrenzen. Auch deshalb ist es schlicht sinnlos, nach Generationen zu suchen, um das Fundraising hierauf aufzubauen.

Gesellschaftliche Entwicklungen

Was wir hingegen beobachten, ist eine Veränderung der Gesellschaft, der Einstellungen und Verhaltensweisen. So kann man gut zeigen, dass die Gesellschaft insgesamt in den letzten 20 Jahren deutlich liberaler geworden ist – auch wenn man sich das bei rechten Parolen nicht immer vorstellen kann. Auch die Digitalisierung schreitet voran und hat nicht nur technische Auswirkungen, sondern verändert auch unser Verhalten. Wie, können wir in jeder Innenstadt und mittlerweile auch in den Einkaufszentren sehen: Der Einzelhandel steckt in der Krise. Auch Büros stehen leer, wenn Menschen im Homeoffice arbeiten. Was auch bedeutet, dass man für Kooperationen nicht mehr im gleichen Raum sitzen muss. Und langsam verstehen wir, welche Fortbildung besser online stattfinden und für welche Lernprozesse ein direkter Kontakt unerlässlich ist.

Alle diese skizzierten Veränderungen – zu denen noch viel mehr kommen – verweisen auf grundlegende Veränderungen und Trends in der Gesellschaft, die langfristig wirksam sind und deren Auswirkungen wir merken. Deshalb ist es sinnvoller, statt nach Generationen zu suchen, sich mit diesen Entwicklungen zu beschäftigen und zu schauen, wie die sich auf das Fundraising auswirken und welche Ungleichzeitigkeiten es gibt. Dann wird man sehen, wie das Fundraising sich weiterentwickeln muss, neuen Anforderungen sich ergeben und wie Spender:innen in Zukunft angesprochen werden sollten, damit wir den Trend zu immer weniger Spender:innen endlich brechen können. Und wir werden dabei vermutlich auch sehen, wie unterschiedlich und vielfältig spenden in unserer Gesellschaft ist. Ein „One-fits-all“-Ansatz wird immer weniger funktionieren.

Fazit

Wir sollten mit der Suche nach der nächsten Generation aufhören und uns mit den Entwicklungen in unserer Gesellschaft beschäftigen. Dies verspricht ein differenzierteres Verständnis von Zielgruppen und mehr Erfolg als Konzepte zu verfolgen, die empirisch widerlegt sind.

Eine nachhaltig finanzierte Zivilgesellschaft, die die Welt ein Stück besser macht und ohne Ausbeutung und Selbstausbeutung auskommt, ist die Mission von Dr. Kai Fischer. Deshalb beschäftigt er sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Aufbau langfristiger Beziehungen zu Förder/innen und bietet hierfür Strategie-Beratungen, Inhouse-Workshops und Seminare an.

 

Dr. Kai Fischer

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