Warum Strategie das Denken in Möglichkeitsräumen ist
Üblicherweise wird unter Strategie die Frage nach dem Weg verstanden, um von einem Ausgangspunkt zu einem Ziel zu gelangen. Dies ist auch nicht falsch, unterscheidet dann eine Strategie, aber nicht von einem Plan oder einem Konzept: Beide definieren auch, wie man ein Ziel erreichen will.
Möglichkeitsräume im Fundraising
Wenn man sich näher mit Strategien beschäftigt, dann wird deutlich, dass der Unterschied in den unterschiedlichen Möglichkeitsräumen besteht, unter denen entschieden wird. Klassische Möglichkeitsräume im Fundraising betreffen bspw. Zielgruppen. Zu den einfachsten strategischen Fragen gehört dann, ob wenige Förder:innen große Summen oder viele Förder:innen kleinere Summen geben sollen. Je nachdem, wie man diese Frage beantwortet, wird man ein anderes Fundraising aufbauen, andere Abläufe haben und andere Qualifikationen und technische Infrastruktur benötigen. Und wer beides möchte, muss eine doppelte Infrastruktur aufbauen und Menschen mit unterschiedlichen Qualifikationen für die unterschiedlichen Aufgaben einsetzen. Wer sich schließlich gar nicht entscheidet, findet entweder die berühmte „eierlegende Wollmilchsau“ oder lebt mit einer geringeren Effektivität und Effizienz.
Herausforderungen von Strategien
Schon dieses einfache Beispiel zeigt mindestens fünf Aspekte, die für die Arbeit mit Strategien typisch sind:
- Die Optionen und damit die Möglichkeitsräume bestehen nebeneinander und führen in der Regel zum Ziel. Es gibt keine „richtige“ oder „falsche“ Strategie. Sie können für die einzelne Organisation mehr oder weniger effektiv oder effizient sein.
- Am Ende muss man sich entscheiden. Auch wer sich nicht entscheidet oder die verschiedenen Optionen nicht kennt, entscheidet sich – auch wenn nicht immer für die beste Variante.
- Jede Entscheidung könnte immer auch anders getroffen werden. Und andere Menschen hätte sie unter Umständen auch andere Optionen ausgewählt. Und Strategien müssen auch durchgesetzt werden. Dies ist bei vielen Nonprofit-Organisationen nicht einfach.
- Jede Strategie, die man wählt, hat spezifische Folgen. Diese Folgen muss man bei der Auswahl der Optionen berücksichtigen. Damit eine Strategie nicht nur auf dem Papier steht, muss sie auch implementiert werden. Damit werden die Folgen, Nebenfolgen und Bedingungen real und verändern die Organisation. Die Auswahl einer Strategie ist deshalb im besten Fall immer auch Organisationsentwicklung.
- Die Auswahl einer Strategie ist abhängig von einer Reihe interner und externer Faktoren. Die Stärken und Besonderheiten einer Organisation zu kennen, ist die Grundlage für eine abgewogene Entscheidung. Verändert sich die Organisation oder die Rahmenbedingungen muss deshalb die Strategie angepasst werden, damit sie nicht ins Leere läuft bzw. die Organisation weniger effektiv oder effizient ihr Ziel verfolgt.
Das Beispiel oben war jetzt relativ einfach. Wenn man bedenkt, dass es mindestens neun verschiedene Gebe-Logiken gibt, die alle im Fundraising genutzt werden und Organisationen finanzieren, dann kann man sich vorstellen, dass die strategischen Möglichkeitsräume, Zielgruppen zu definieren, deutlich größer sind. Denn es macht einen Unterschied, ob sich eine Organisation vorwiegend über Anlassspenden finanziert oder eine Community von Menschen aufbaut, die auf Basis geteilter Werte und gemeinsamer Ziele mit der Organisation eine Mission erfüllt. Strategisch ergibt sich eine Vielzahl von Möglichkeiten, Fundraising umzusetzen – und damit unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen.
Optionen, die keine sind
Und die Beschäftigung mit Strategien zeigt auch, dass einige strategische Optionen, die im Fundraising diskutiert werden, gar keine sind: Die Unterscheidung zwischen online und analog ist überholt, da heute die allermeisten Menschen über alle Kanäle erreichbar sind. Viel spannender wäre der Diskurs, für welche Aufgaben welche Medien am besten geeignet sind – bzw. welche Medien auch substituiert werden können.
Auch die strategische Suche nach „der jungen Generation“ im Fundraising hat sich als unsinnig herausgestellt: Das soziologische Konzept der Generationen ist empirisch widerlegt und inhaltlich nicht schlüssig. Und es gibt schlicht keinen Zusammenhang von Alter bzw. Geburtskohorten mit Einstellungen und Verhaltensweisen.
Fazit
Wer Strategien entwickeln will, muss die verschiedenen Möglichkeitsräume kennen. Deshalb geht Strategie weit über Pläne und Konzepte hinaus, die erklären, wie ein gegebenes Ziel erreicht werden soll. Strategie liegt quasi davor und entscheidet zwischen möglichen Optionen, für die dann Pläne und Konzepte entwickelt werden. Wer sein Fundraising weiterentwickeln möchte, braucht mehr als nur einen guten Plan.
Eine nachhaltig finanzierte Zivilgesellschaft, die die Welt ein Stück besser macht und ohne Ausbeutung und Selbstausbeutung auskommt, ist die Mission von Dr. Kai Fischer. Deshalb beschäftigt er sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Aufbau langfristiger Beziehungen zu Förder/innen und bietet hierfür Strategie-Beratungen, Inhouse-Workshops und Seminare an.
Dr. Kai Fischer
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