Warum wir Zielgruppen eine größere Aufmerksamkeit schenken sollten

Es ist zwar eine alte Weisheit im Marketing – und gehört zu den entscheidenden ökonomischen Innovationen – dass Unternehmen und Produkte vom Markt her gedacht werden sollten. Das ist zwar in der Praxis alles andere als einfach, aber trotzdem sinnvoll: Wenn man weiß, was Menschen aus welchen Gründen kaufen – und welche Bedürfnisse sie damit befriedigen – kann man entsprechende Produkte und Dienstleistungen kreieren und verkaufen. Dies ist dann eine Grundlage für Erfolg.

Es fällt auf, dass die Bedeutung von Zielgruppen im Fundraising zwar immer wieder angemahnt wird, aber in der Praxis nur eine geringe Bedeutung hat. Dies hat aus meiner Sicht vor allen Dingen drei Gründe:

  • Im Direktmarketing haben Zielgruppen nur eine untergeordnete Bedeutung: Zielgruppe sind diejenigen, die auf ein Mailing oder eine andere Form der Ansprache reagieren. Je mehr Menschen in einer Liste auf entsprechende Apelle reagieren, desto besser bildet diese die Zielgruppe ab. Response schlägt in diesem Fall die theoretischen Überlegungen. Und Response ist im Direktmarketing die eigentliche Währung.
  • Zielgruppen-Segmentierungen, die wir aus der Wirtschaft kennen, funktionieren im Fundraising nur eingeschränkt. Dies betrifft bspw. die Nutzung von Sinus-Milieus, die sich nur sehr eingeschränkt im Fundraising einsetzen lassen. Der Grund dürfte im privaten Charakter von Spenden liegen: Wir nutzen – von wenigen Ausnahmen in der Eliten-Philanthropie abgesehen – Spenden nicht zur Ausdifferenzierung, sondern engagieren uns eher privat. Hinzu kommt, dass auch „Generationen“ sich nicht zur Segmentierung eignen, da dieses Konzept empirische widerlegt ist: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Geburtskohorten und Einstellungen bzw. Verhaltensweisen. Darüber hinaus ist das Konzept auch alles andere als plausibel.
  • Die Marktforschung zeigt, dass Spender:innen seit einigen Jahren demografisch nicht mehr beschrieben werden können. Alle klassischen Einteilungen in Alter, Geschlecht, aber auch Einkommen und Vermögen existieren in dieser Form nicht mehr oder immer weniger.

Damit stellt sich die Frage, wie Zielgruppen im Fundraising definiert werden können. Dies ist wichtig, um eine Kommunikation planen zu können, die auf diese Zielgruppe zugeschnitten ist und damit die Grundlage für einen Erfolg im Fundraising bilden kann. Wenn man sich die derzeitige wissenschaftliche Diskussion zu diesem Thema anschaut, dann werden folgende Aspekte immer wichtiger:

  • Identität wird zum Schlüssel-Element, um Spendenhandlungen zu beschreiben. Spenden hat sehr viel mehr mit Selbstkonzepten, sozialen Rollen, biografischen Erfahrungen und der Zugehörigkeit zu Gruppen zu tun. Dies sind alles Elemente, die in einer Identität narrativ verbunden werden.
  • Werte spielen eine große Rolle sowohl für Identitäten als auch bei der Konstitution sozialer Gruppen. Werte sind die Grundlage hinter vielen Nonprofit-Organisationen und sie sind auch konstitutiv, wenn Menschen spenden.
  • Die Beziehung zu Staat, Gesellschaft und Zivilgesellschaft sind wesentliche Gründe für Spenden. Wer diesen Staat und die Gesellschaft ablehnt, wer zu Organisationen der Zivilgesellschaft eine negative Einstellung hat, lehnt auch Spenden ab. Wer hingegen diese Punkte bejaht und eine positive Beziehung hat, wird auch eher spenden – zumindest zeigt dies der deutliche Zusammenhang von Wahlverhalten und Spenden.

Für die Weiterentwicklung des Fundraisings folgt hieraus zweierlei:

  • Nach der Ära des Direktmarketings im Fundraising werden Zielgruppe eine größere Rolle spielen. Organisationen werden nur dann erfolgreich sein, wenn sie sich auf ihre Zielgruppe konzentrieren und mit dieser Gruppe kommunizieren. Damit müsste die Bildung von Zielgruppen im Zentrum des gesamten Fundraisings stehen.
  • Die bisherigen Parameter, in denen Spender:innen beschrieben worden sind, existieren in der Praxis nicht mehr. Segmentierungsansätze aus der Wirtschaft funktionieren auch nur eingeschränkt. Damit stehen wir vor der Aufgabe, eigene passende Parameter zu entwickeln. Die möglichen Wege zeigen sowohl Marktforschung als auch der internationale wissenschaftliche Diskurs.

 

Eine nachhaltig finanzierte Zivilgesellschaft, die die Welt ein Stück besser macht und ohne Ausbeutung und Selbstausbeutung auskommt, ist die Mission von Dr. Kai Fischer. Deshalb beschäftigt er sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Aufbau langfristiger Beziehungen zu Förder/innen und bietet hierfür Strategie-Beratungen, Inhouse-Workshops und Seminare an.

 

Dr. Kai Fischer

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