Setzt eine Spende tatsächlich voraus, dass Menschen einer Organisation vertrauen? Die Antwort auf diese Frage ist eigentlich einfach: Natürlich, schließlich handelt es sich bei einer Spende um ein Geschenk. Spender*innen können nicht kontrollieren, wie ihr Geld verwendet wird, und müssen deshalb darauf vertrauen, dass alle Angaben korrekt sind. Wer kein Vertrauen hat, wird folglich auch nicht spenden.

Interessant ist jedoch, dass Menschen auch an Organisationen spenden, die nicht einmal gemeinnützig sind. Das bedeutet, dass auch Organisationen, die möglicherweise wenig Vertrauen genießen, Spenden erhalten. Wenn Vertrauen eine grundlegende Voraussetzung wäre, dürften sie keine Spenden erhalten. Entscheidender ist vielmehr der emotionale Trigger: Wenn dieser anspricht, reagieren die Menschen emotional und nicht mehr rational. In solchen Fällen spenden sie, auch wenn sie der Organisation wenig vertrauen.

Ein weiterer Aspekt ist, dass bei Spenden für Menschen oder Tiere in akuten, unverschuldeten Notsituationen die Hilfe den Opfern zugutekommt. Hier steht explizit nicht die Organisation im Mittelpunkt. Daher spielt Vertrauen eine untergeordnete Rolle, da die Spende primär den in Not geratenen Menschen oder Tieren zugutekommt. In solchen Fällen spenden Menschen auch dann, wenn sie wenig Vertrauen in die Organisation haben.

Auch für langfristige Beziehungen ist Vertrauen nicht immer ausschlaggebend. Dies zeigt eine Dissertation von Julia Naskrent, in der sie herausfand, dass Vertrauen für die Loyalität von Spender*innen überbewertet wird. Wichtiger ist das Engagement (Commitment), das einen entscheidenderen Faktor darstellt.

Obwohl immer wieder betont wird, dass Vertrauen in eine Organisation wichtig sei, zeigen empirische Studien, dass Vertrauen oft überschätzt wird und in vielen Fällen nur eine geringe oder gar keine Rolle bei der Spendenentscheidung spielt. Das sollte jedoch nicht dazu führen, dass Organisationen das Vertrauen ihrer Unterstützer*innen aufs Spiel setzen.