Mythos #7: Sichtbarkeit, Aufmerksamkeit und Bekanntheit

Es liegt auf der Hand: Wer mit Menschen kommunizieren oder interagieren – und sie damit um Spenden bitten – will, muss von ihnen wahrgenommen werden. Oder andersherum: Wer um Spenden bitten möchte, muss sichtbar sein. Denn wer unsichtbar ist, mit dem kann niemand kommunizieren.

„Sichtbarkeit“ ist damit zur neuen Währung geworden – eine Rolle, die vor einigen Jahren noch der „Bekanntheit“ zukam. „Bekanntheit“ setzt ein gewisses Maß an kognitiver Verarbeitung voraus: Eine Organisation oder Marke kommt einem bekannt vor, weil man sie schon einmal bewusst wahrgenommen hat. Bei „Sichtbarkeit“ hingegen wird diese kognitive Schwelle unterschritten. Es genügt schon, eingeblendet zu werden – ob die Botschaft dabei tatsächlich Aufmerksamkeit erhält oder verarbeitet wird, scheint zweitrangig. „Sichtbarkeit“ verlangt das nicht. Es geht nur um eine visuelle Präsenz, die sich entsprechend einfacher messen lässt.

Natürlich ist Unsichtbarkeit keine sinnvolle Voraussetzung für erfolgreiches Fundraising. Doch es stellt sich die Frage, ob Sichtbarkeit, Aufmerksamkeit und Bekanntheit notwendige und hinreichende Bedingungen für Fundraising-Erfolg sind.

Zunächst muss man feststellen: Sichtbarkeit, Aufmerksamkeit und Bekanntheit führen lediglich dazu, dass man sichtbar, beachtet oder bekannt ist. Daraus folgt jedoch nicht automatisch, dass sich Menschen mit der Botschaft auseinandersetzen – geschweige denn, dass sie spenden. Ein einfaches Gedankenexperiment zeigt das: Wer sichtbar oder bekannt sein möchte oder Aufmerksamkeit benötigt, muss nur einen Skandal oder Shitstorm provozieren. Je heftiger dieser ausfällt, desto größer sind Sichtbarkeit, Aufmerksamkeit und Bekanntheit. Wie dieses Prinzip funktioniert, hat die „Letzte Generation“ eindrucksvoll demonstriert: Alle Aktivitäten waren auf maximale Aufmerksamkeit ausgerichtet. Doch eine weiterführende Strategie fehlte – politisch sind die Akteure gescheitert, es hat sich nichts verändert.

Auf der anderen Seite existieren zahlreiche Fundraising-Strategien, die ohne große Sichtbarkeit, Bekanntheit oder gar Vertrauen auskommen. Wenn Menschen in ihrem persönlichen Umfeld über Herausforderungen und Missstände sprechen, die Ihre Organisation bearbeitet oder deren Folgen sie lindern möchte, entsteht häufig bereits die nötige Aufmerksamkeit. Und wenn andere anfangen, positiv über Ihre Organisation zu sprechen, werden Sie bekannt – ganz ohne bewusst hergestellte Sichtbarkeit. Vielleicht ist Ihre Organisation sogar ein Geheimtipp für Menschen, die wirklich etwas bewegen wollen.

Fazit: Sichtbarkeit, Aufmerksamkeit und Bekanntheit sind im Fundraising weder schädlich noch grundsätzlich falsch – aber sie sind auch weder notwendig noch hinreichend. Entscheidend ist, in der Zielgruppe bekannt und als relevanter Akteur anerkannt zu sein. Es muss Freude bereiten, mit Ihrer Organisation zu interagieren. Alles Weitere folgt daraus.

 

Dr. Kai Fischer

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