Die 4 Bestandteile sozialer Marken
Soziale Marken haben für Nonprofit-Organisationen, Sozialunternehmen und Stiftungen eine Reihe von Vorteilen. Sie erreichen hierdurch nicht nur eine größere Bekanntheit, sondern können auch einfacher Förderer gewinnen, Mitarbeiter/innen rekrutieren und eher Kunden für die Leistungen begeistern. Auch bei der Kommunikation mit anderen Stakeholdern, wie Politikern und Journalisten, wirken Marken positiv und verschaffen den Organisationen, Stiftungen und Sozialunternehmen eher Gehör. Sie haben mit Hilfe sozialer Marken die Chance, eigene Standpunkte besser zu vertreten, umfangreicher Ressourcen zu erhalten und insgesamt eine größere Wirkung zu entfalten.
Im Gegensatz zu kommerziellen Marken von Unternehmen haben soziale Marken eine Reihe von Besonderheiten, die im Prozess der Markenbildung berücksichtigt werden müssen, wenn die Marke ihr Potenzial entfalten soll. Zu den wichtigsten Bestandteilen sozialer Marken gehören:
1. Die Mission als Markenkern
Fast alle Organisationen und Sozialunternehmen haben eine Mission, die bei der Gründung in Ihre Organisation oder Ihr Sozialunternehmen eingeschrieben wird. Die Mission enthält den normativen und emotionalen Kern, der Mitarbeitende, Förderer und Kunden bindet. Damit hat jede Organisation und jedes Sozialunternehmen schon einen Markenkern.
Die erste Aufgabe besteht in der Regel in der Freilegung der Mission. Je älter Organisationen und Sozialunternehmen sind, desto eher lässt sich die Mission-Drift beobachten. Hierbei verblasst langsam die Bindungskraft der Mission, die in der Praxis immer weniger handlungsleitend ist. Wird sie jedoch freigelegt und unter Umständen an veränderte Rahmenbedingungen angepasst, bildet sie den Markenkern und sorgt wieder für die notwendige Bindung der Stakeholder.
2. Die narrative Grundlage der sozialen Marke
Soziale Marken werden erzählt; sie sind Narrationen. Vielfach reicht es nicht aus, nur eine Emotion vermitteln zu wollen. Gerade soziale Marken können sehr gut narrativ fundiert werden. Hierbei wird die Grundlage Ihrer Marke als Erzählung betrachtet – mit Hauptpersonen und unterstützende Rollen, einem Plot und einer Erzählperspektive. Dabei lässt sich im Kern der Narration in der Regel ein Konflikt ausmachen, der die Erzählung vorantreibt und strukturiert. Durch die Erzählung des Konflikts werden die Rollen zugewiesen und alle Akteure verstehen, warum sie sich engagieren und welchen Beitrag sie leisten, damit die Geschichte weitergeht.
Die narrative Fundierung Ihrer sozialen Marke ist ein wichtiger Punkt, worin sie sich häufig von kommerziellen Marken unterscheidet. Als Akteure der Zivilgesellschaft schaffen Organisationen und Sozialunternehmen nicht nur Leistungen und Werte, sondern produzieren gleichzeitig auch Sozialkapital in Form von Bindungen und Netzwerken. Diese sind jedoch immer narrativ strukturiert und werden durch Erzählungen geschaffen und weiter entwickelt. Soziale Marken, die auf ihre narrative Fundierung verzichten, können ihrer Aufgabe also nur bedingt gerecht werden.
3. Die Inszenierung der sozialen Marke
Marken „funktionieren“ nur, wenn sie sauber inszeniert werden. Hierzu gehören zunächst die erzählten Geschichten, der Auftritt in der Öffentlichkeit (Corporate Design und Behavior) mit den Farb-, Bildwelten und der Tonality der Texte, aber auch der Außenwahrnehmung der Mitarbeiter, des Standortes u.ä. Stehen hinter vielen kommerziellen Marken Produkte, haben wir es bei sozialen Marken durchgehend mit Dienstleistungen zu tun – sowohl bei den Leistungsprozessen als auch im Fundraising. Da Dienstleistungen immateriell sind und nicht im Vorwege geprüft werden können, stellen sie an die Markenbildung besondere Herausforderungen. Zu den wichtigsten gehören die physikalische Evidenz der Leistungsqualität und die Gestaltung aller Kontaktpunkte.
Marken sind Leistungsversprechen und beanspruchen einen Vertrauensvorsprung. Da wir Leistungen nicht anfassen und prüfen können, suchen wir andere Aspekte, von denen wir auf die Qualität der Leistungen schließen können. Deshalb ist es wichtig, Dinge so zu inszenieren, dass sie es Kunden, Förderern und anderen Stakeholdern ermöglichen, auf die Leistungen der Marke zu schließen. Traditionellerweise gehören hierzu der Zustand von Gebäuden, Sauberkeit oder auch die grafische Qualität der in der Kommunikation eingesetzten Medien. Auch diese Aspekte müssen im Markenbildungsprozess berücksichtigt werden. Ansonsten konterkarieren sie schnell alle Anstrengungen, eine konsistente soziale Marke zu schaffen.
Da sich das Leistungsversprechen in der Interaktion mit Menschen erfüllt, müssen auch alle Kontaktpunkte der verschiedenen Stakeholder mit der Organisation bzw. dem Sozialunternehmen betrachtet werden. Der Eindruck der Marke kann schon gestört werden, wenn einzelne Mitarbeitende mit Kundenkontakt sich nicht entsprechend verhalten.
4. Die Umsetzung des Leistungsversprechens
Wenn Marken Leistungsversprechen sind, dann ist die Einlösung dieses Versprechens ein wichtiger Aspekt bei Aufbau und Pflege sozialer Marken. Ein christlicher Pflegedienst, der in der Erbringung der Leistungen keinen Unterschied zu kommerziellen Anbietern erkennen lässt, trägt zur Pflege der Marke nur wenig bei. Denn am Ende kommt es auch darauf an, dass eine unter Umständen behauptete besondere Zuwendung der zu Pflegenden auch tatsächlich geleistet wird. Entfällt dies, erkennen die Empfänger der Leistungen schnell, dass die Marke auf tönernen Füßen steht und eine vorgespiegelte Fassade ist. Dies kann eine soziale Marke schnell zerstören und die Organisation bzw. das Sozialunternehmen erscheinen als unglaubwürdig.
Damit gilt, dass soziale Marken eben nicht nur Versprechen sind, sondern tief mit der Struktur der Organisation bzw. dem Sozialunternehmen verwoben sind. In der Praxis reicht es nicht aus, sich nur über Werte-Begriffe, Farbwelten oder Logos zu definieren. Vielmehr sind gerade für soziale Marken die Fundierung in der Mission und der Narration der Organisation sowie die Umsetzung der Mission in den Leistungen häufig noch entscheidender. Denn ein wenig aussagekräftiges Logo oder auch ein weniger überzeugendes Design zeugen vielleicht nicht von der großen Professionalität, sie sind für viele Stakeholder aber eher zu verzeihen als Leistungsversprechen, die mit der soziale Marke gegeben werden und nicht eingehalten werden.
Dr. Kai Fischer
Sprechen Sie mich gerne an, ich freue mich von Ihnen zu hören!
Publikationen zum Thema
Buch
Mission Based Fundraising
Auch interessant:
Fünf Learnings vom Fundraising-BarCamp
Das Fundraising BarCamp am 20.09.2024 war ein voller Erfolg. Dr. Kai Fischer teilt hier seine Learnings mit Ihnen.
Die drei wichtigsten Herausforderungen für die Strategieentwicklung
Strategien und strategisches Handeln sind eine notwendige Basis erfolgreichen Fundraisings. Warum es trotzdem eine Herausforderung sein kann, Strategien zu formulieren, diskutiert Dr. Kai Fischer in seiner Kolumne.
Mehr lesen Die drei wichtigsten Herausforderungen für die Strategieentwicklung
Warum Digitalisierung im Fundraising nicht nur ein technisches Problem ist
Digitalisierung ist nicht nur eine technische und handwerkliche Herausforderung, sondern verändert die Weise, wie wir kommunizieren und handeln. Was das für das Fundraising bedeutet, erfahren Sie in der Kolumne von Dr. Kai Fischer.
Mehr lesen Warum Digitalisierung im Fundraising nicht nur ein technisches Problem ist
Diese Seite drucken
E-Mail schreiben
Login
Kolumne