Was ist regionales Fundraising
Wird von „regionalem Fundraising“ gesprochen, haben viele Menschen schnell ein Bild der vielen kleinen ehrenamtlich geführten Organisationen, die bei wenigen tausend Euro Jahresumsatz Spenden einwerben. Auch wenn dieses Bild für ein Großteil der Orgaisationen zutrifft (siehe unseren Artikel zur ZiviZ-Studie), trifft es nicht die ganze Wahrheit. Denn nicht alle Organisationen, die ein regionales Fundraising betreiben, sind klein. Wenn wir an Diakonische Werke, Theater und Museen oder auch viele soziale Einrichtungen denken, dann sind diese zwar regional aktiv, aber alles andere als klein oder gar ehrenamtlich geführt. Und wenn wir auf ein regionales stationäres Hospiz blicken, dass 10 bis 15% seines Etats über Fundraising einwerben muss, dann geht es auch nicht um kleine Summen. Vielmehr haben Fundraiser/innen in Hospizen durchaus Vorgaben in Höhe von mehr als 200.000€ jährlich, die eingeworben werden müssen, damit die Kosten der Hospizarbeit gedeckt werden können.
Regionales Fundraising kann folglich weder an der Größe der Organisation noch am Fundraising-Umsatz festgemacht werden. Vielmehr stehen beim regionalen Fundraising die besonderen Stärken regionaler Organisationen im Zentrum des Fundraisings. Und diese ergeben sich vielfach aus der regionalen Verankerung der jeweiligen Organisation:
- Die Leistung der Organisation wird konkret vor Ort erbracht und der Impact ist vor Ort sichtbar.
- Die Organisation und ihre Projekte und Programme können vor Ort besucht werden.
- Viele der Akteure wohnen vor Ort, sind in soziale Netzwerke vielfältig eingebunden und genießen deshalb einen Vertrauensvorsprung.
- Durch die regionale Einbindung in soziale Netzwerke können diese für das Fundraising – zumindest für den Erstkontakt – gut genutzt werden.
- Organisationen können aus ihren Projekten spannende und interessante Geschichten erzählen, die in der Region spielen.
Hinzu kommt, dass viele Förderer explizit vor Ort helfen und unterstützen wollen. Denn sie haben den Eindruck, dass sie sich selbst ein Bild von der Arbeit der Organisation machen können. Und im direkten Kontakt zu Fundraisenden sowie Vorständen und Geschäftsführungen kann gut Reputation und Vertrauen aufgebaut werden.
Diese Stärken führen zu einer veränderten Strategie. Statt mit Hilfe des Direktmarketings neue Spender zu werben – häufig ist dies aufgrund der geringen Grundgesamtheit und den Kosten der Neuspendergewinnung ökonomisch nicht sinnvoll – setzt ein regionales Fundraising bei den bestehenden sozialen Netzwerken an: Diese werden genutzt, um Kontakte zu knüpfen und das eigene Anliegen und die Mission zu kommunizieren. Da diese im direkten Kontakt genutzt werden können, ist eine persönliche Ansprache häufig ökonomisch die erste Wahl: Dadurch können eher Förderer überzeugt werden und die Qualität der Beziehung ist häufig besser. Denn es ist ja hinreichend bekannt: Je direkter der Kontakt ist, desto größere Beträge können eingeworben und desto enger kann die Beziehung gestaltet werden.
Folglich setzt regionales Fundraising auf direkte Ansprache möglicher Interessenten, Unterstützer und Förderer. Dies ist personalintensiv und erfordert ein hohes Maß an Netzwerk-Arbeit, Teilnahme an Netzwerk-Treffen und Präsenz in den bestehenden sozialen Netzwerken. Die hiermit einhergehenden höheren Kosten werden durch geringere Streuverluste, einer höheren Akzeptanz des Fundraisings sowie auch tendenziell höheren Spenden wieder wettgemacht.
Diese Beobachtungen sollten nicht zu dem Kurzschluss führen, dass in der Logik der „Tupper-Parties“ Fundraising umgesetzt werden könnte. Denn die Erfahrung in Deutschland zeigt: Die meisten Förderer und Unterstützer machen den Organisationen und den Fundraisern ihre Netzwerke nicht auf. Geben ist Privatsache und kein kollektiver Event. Damit haben auf der operativen Ebene Netzwerke die Funktion, Informationen zu verbreiten. Das Einwerben der Spenden und Unterstützungen geschieht vielfach außerhalb der Netzwerke in einer direkten Kommunikation von Förderern und der Organisation.
Damit ist regionales Fundraising eine Alternative zum Direktmarketing. Es ist eine Methode des Fundraisings, die systematisch die Stärken regionaler Organisationen sowie die Möglichkeiten regionaler Netzwerke nutzt. Dabei kann diese Form des Fundraisings durchaus auch von bundesweit und international agierenden Organisationen eingesetzt werden – wenn sie sich systematisch regionalisieren. Allerdings sollte man sich auch hier beachten: Ehrenamtliche, die sich für eine Organisation engagieren, setzen selten Fundraising-Maßnahmen um und bitten um Spenden. Dies ist in fast allen Fällen die Aufgabe von Spezialisten, die als Profis mit dieser Aufgabe betraut sind.
Dr. Kai Fischer
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