Wenn die Investoren kommen – Segen oder Fluch
Es gibt sie, die Social Investors – Organisationen, Stiftungen oder auch Einzelne, die dezidiert in Nonprofit-Organisationen investieren, um einen Akzent zu setzen. Die Idee ist in den letzten Jahren aus den USA zu uns rübergeschwappt und klingt bestechend: Investoren stecken ihr Geld nicht in die Projekte und Programme, sondern finanzieren die Organisation und schaffen so die Voraussetzung, dass erfolgreiche Arbeit auf hohem Niveau erst möglich wird.
Das hört sich gut an: Ressourcen für den Aufbau von Organisationen für Verwaltung oder um in neue Abläufe bzw. Fundraising zu investieren sind selten. Sie sind jedoch unbedingt notwendig, wenn Nonprofits erfolgreich in der Zivilgesellschaft Leistungen erbringen und damit für uns alle das Leben besser machen. Investoren versprechen sich einen Hebel: Sie investieren in die Kapazität der Organisation und schaffen damit die Voraussetzung für den langfristigen Erfolg. Der Impact dürfte deutlich größer sein, als wenn die Projekte und Programme direkt finanziert werden.
Diese Überlegung ist durchaus richtig, hat aber in der Praxis einige Voraussetzungen und Folgen, soll dies auch funktionieren. Zum einen tragen die Investoren – durchaus gewollt – zur weiteren Rationalisierung der Nonprofits bei. Bevor überhaupt Geld fließt, ist ein Businessplan notwendig. Die Investoren wollen wissen, wie das Geschäftsmodell aussieht und wie die Leistungen finanziert werden sollen, nachdem der Investor sich in einigen Jahren wieder zurückgezogen hat. Wer keinen überzeugenden Businessplan erarbeitet hat und vorlegen kann, wird nicht berücksichtigt. Damit lassen sich Organisationen wie Unternehmen steuern: Werden die ökonomischen Ziele nicht erreicht, wird nachgesteuert.
Verbunden mit dem Businessplanning ist die Orientierung an der Wirkung: Organisationen werden finanziert, die zugleich einen social impact haben. Kein Investor will in Projekte oder Programme investieren, die keine gesellschaftliche Wirkung haben. Schließlich wurde die Organisation ja wegen der Wirkung gegründet.
Auch dieser Fokus trägt zur Rationalisierung der Arbeit bei: Das Management der Organisation ist aufgefordert, sich über die Wirkung und deren Messung Gedanken zu machen. Dies ermöglicht die ebenfalls die Steuerung der Organisation – diesmal über die erzielte Wirkung.
In diesen Punkten liegen sicherlich die positiven Effekte von Social Investors: Sie schaffen mit ihren Ressourcen die notwendigen Kapazitäten und führen zur Professionalisierung des Managements. Beides ist nicht zu unterschätzen und für erfolgreichen Nonprofits unverzichtbar.
Allerdings können in den Ressourcen der Investoren auch schon Ausgangspunkte für vielfältige Problemlagen liegen:
Geringe Effizienz der Organisation
Die Verfügung über Ressourcen zur Entwicklung der organisatorischen Kapazitäten kann zum Aufbau von Strukturen und Abläufen verführen, die nicht zwingend effizient sein müssen. Dies ist aus den Wirtschaftswissenschaften bekannt: Subventionen führen häufig auch zu geringerer Effizienz, da Ressourcen vorhanden sind, die im ersten Schritt nicht zwingend verdient werden müssen. Dies ist eine Gegentendenz zur eben beschriebenen Rationalisierung. Darin verdeutlicht sich das Problem einer Effizienzmessung und woran die Organisation feststellen kann, was wirklich nötig ist.
Problematisch wird es, wenn die Investoren sich zurückziehen. Strukturen und Abläufe, die nicht zwingend effizient sind, stellen für die Organisationen dann eine Belastung dar: Die Ressourcen zur Finanzierung der Strukturen müssen verdient werden, auch wenn die Investoren zurückgezogen haben. Dies kann für viele Organisationen schwierig werden.
Zögerlicher Aufbau von Fundraising-Strukturen
Ressourcen von Investoren verleiten dazu, Fundraising-Strukturen nur zögerlich aufzubauen. Nonprofit-Organisationen werden gegründet, um eine Mission zu erfüllen, nicht um Fundraising zu betreiben. Fundraising ist somit immer das notwendige Übel, welches gemacht werden muss, um die Ressourcen zu erhalten, die benötigt werden, um die Projekte und Programme zu finanzieren.
Stehen die Ressourcen zur Verfügung, konzentrieren sich fast alle Organisationen auf die inhaltliche Arbeit, nicht auf die Reproduktion der Organisation. Kündigen die Investoren an, sich aus der Organisation zurückzuziehen, besteht die Gefahr, dass erst in diesem Moment die notwendigen Funktionen aufgebaut werden. Das kann dann zu spät sein, da es erfahrungsgemäß mehrere Jahre dauert, bis die Fundraising sein volles Potenzial entfaltet hat.
Geringe Ausprägung der Mission
Werden Ressourcen von Investoren zur Verfügung gestellt, muss die Mission nicht ausgeprägt werden. Es könnte reichen, dass die Projekte bzw. Programme eine Wirkung entfalten; hierfür stellen Investoren die Mittel bereit. Ob hinter der Wirkung auch eine Mission steht, die den Antrieb der Organisation darstellt, ist nicht zwingend.
Wird die Mission nicht ausgeprägt, fehlt der Organisation auch die interne und externe Bindung. Gerade in einer Krisensituation, wenn Mittel fehlen oder Übergänge bewältigt werden müssen, kann sich dies als fehlend bemerkbar machen: Es fällt den Organisationen schwerer, Arbeitsleistungen und Spenden bzw. andere Ressourcen kostengünstig einzuwerben und Förderer, Mitglieder und Beschäftigte gut zu binden.
Obwohl Investoren für Nonprofit-Organisationen ausgesprochen hilfreich sein können und entscheidend dazu beitragen, dass notwendige Kapazitäten entwickelt werden können, kann ihr Engagement auch negative Effekte haben. Dies muss bei der Entscheidung, mit Investoren zusammenzuarbeiten, beachtet werden. Unterstützung durch einen externen Berater kann hier helfen.
Dr. Kai Fischer
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