Wie Fundraising-Einnahmen planbar werden
Spricht man mit Geschäftsführungen oder Vorständen von Sozialunternehmen, Stiftungen oder auch von Nonprofit-Organisationen gibt es einen Vorbehalt gegenüber Fundraising, der immer wieder zu hören ist: Fundraising ist im Grunde prima, aber die Einnahmen kommen doch eher zufällig und seien nicht planbar. Die Schlussfolgerung, die hieraus gezogen wird: Statt in Fundraising systematisch zu investieren, wird weiter auf staatliche Gelder gesetzt oder der Versuch gestartet, Einnahmen auf Märkten zu erzielen.
Aus Sicht vieler Geschäftsführungen und Vorständen, die bisher Fundraising nicht systematisch und strategisch einsetzen, ist dieses Wahrnehmung von Fundraising auch nicht von der Hand zu weisen: Bei fehlender Strategie und Systematik sind Einnahmen zufällig, da sie nicht geplant sind und deshalb aus den Erfahrungen auch kaum gelernt werden kann.
Nichtplanbarkeit der Einnahmen ist ein Mythos
Schaut man deshalb genauer hin, erweist sich diese Sichtweise als Mythos: Natürlich kann nicht im Vorwege entschieden werden, wann wer welchen Beitrag zur Verfügung stellt. Das ist genauso unmöglich, wie die Gewährung von staatlichen Zuwendungen oder Leistungsentgelten vorher bestimmen zu wollen oder Käufe einzelner Kunden vorhersagen zu wollen.
Modell mit Wahrscheinlichkeiten
Was jedoch möglich ist: Einnahmen lassen sich mit Hilfe von Wahrscheinlichkeiten bestimmen: Wer weiß, dass jeder 10. auf das Weihnachtsmailing mit einer Summe von 47 € spendet, kann seine Einnahmen ziemlich genau vorhersagen. Wie hoch die Einnahmen sein werden, hängt dann von der Anzahl der Angesprochenen ab. Und durch verschiedene Strategien lassen sich unter Umständen die Durchschnittsspende erhöhen oder die Wahrscheinlichkeit einer Reaktion.
Ähnlich verhält es sich im Großspenden-Fundraising: Wer weiß, dass jeder vierte, der angesprochen wird, mit einer Spende reagiert, weiß, wie viele Menschen angesprochen werden müssen, damit die notwendigen Einnahmen erzielt werden können. Und es lassen sich Strategien entwickeln, wie die Wahrscheinlichkeit einer Reaktion verbessert werden kann.
Wahrscheinlichkeit der Reaktion einzelner Förderer
Es lassen sich nicht nur Wahrscheinlichkeiten von Gruppen eruieren, sondern sogar die Wahrscheinlichkeiten berechnen, dass einzelne Personen spenden bzw. reagieren. Dies setzt natürlich ein Modell voraus, mit dessen Hilfe Indikatoren bestimmt werden, die Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Reaktion haben. Diese sind häufig von Organisation zu Sozialunternehmen verschieden und müssen im Einzelfall herausgearbeitet werden. Sobald Sie aber über diese Informationen verfügen, können Sie Wahrscheinlichkeiten einer Reaktion sowie die Wahrscheinlichkeit der Höhe der Spende vorhersagen. „Wahrscheinlichkeit“ bedeutet nicht, dass die erwartete Reaktion auch eintritt. Sie ist aber für Planungen ausreichend, da sich über einen längeren Zeitraum bzw. bei einer hinreichend großen Gruppe die prognostizierten Einnahmen einstellen werden.
Lernen und steuern
Diese Erkenntnisse können im Fundraising genutzt werden, um die eigenen Aktivitäten besser zu steuern. Statt alle potenziellen Förderer zu kontaktieren, können diejenigen ausgewählt werden, bei denen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eine höhere Spende zu erwarten ist. Das Kriterium der Selektion ist der Erwartungswert – das Produkt aus Wahrscheinlichkeit der Reaktion mit der durchschnittlich erwarteten Spende.
Die Differenz zwischen erwarteten Einnahmen und tatsächlich erzielten Einnahmen bietet Anlässe zum Lernen: Reagieren weniger Menschen als erwartet, können die Gründe hierfür eruiert werden. Diese bilden dann wiederum den Ausgangspunkt, um mit Splittests zu testen, ob sich diese Annahmen auch in der Praxis bestätigen. So werden über einen mittleren Zeitraum die Annahmen, die der Schätzung der Wahrscheinlichkeit zugrunde liegen, immer differenzierter und genauer – mit der Folge, dass die erwarteten Einnahmen im Fundraising immer besser prognostiziert werden können. So sind am Ende auch Fundraising-Einnahmen planbar.
Schritte zur Planbarkeit
Folgende Schritte führen zu einer immer besser werdenden Planbarkeit von Fundraising-Einnahmen:
- Fundraising wird als strategische Aufgabe verstanden, die systematisch entwickelt, geplant und kontrolliert werden muss.
- Die Planung von Fundraising-Einnahmen erfolgt mithilfe von Wahrscheinlichkeiten, die geschätzt werden und auf vorhergehenden Erfahrungen beruhen.
- Bei jeder Fundraising-Aktivität kann der Erwartungswert sowohl für die Aktivität als auch für einzelne Förderer geschätzt werden. Der Erwartungswert bildet die Basis, Förderer zu selektieren und anzusprechen.
- Im Controlling werden nach jeder Aktivität die Erwartungswerte mit den tatsächlichen Einnahmen abgeglichen. Die Differenzen bilden die Basis zum Lernen – über einzelne Förderer genauso wie über die eigenen Annahmen, die den Schätzungen zugrunde lagen.
- Die Erwartungswerte werden bei der nächsten Aktivität angepasst und bilden damit einen neuen Ausgangspunkt zum Lernen.
- Die Lernerfahrungen fließen in die eigenen Modelle ein, die sich so verfeinern und in der Folge es gestatten, Einnahmen immer genauer vorherzusagen.
- Auch wenn die Reaktion eines einzelnen Förderers zu einem gegebenen Zeitpunkt immer unsicher ist, können Fundraising-Einnahmen hinreichend geplant werden.
Dr. Kai Fischer berät seit fast 20 Jahren Fundraiser/innen und Vorstände zu strategischen und operativen Fragen des Fundraisings. Ziel seiner Beratungstätigkeit ist, dass Nonprofit-Organisationen langfristig wirksame Beziehungen zu ihren Förderern aufbauen, um die Projekte und Programme nachhaltig finanzieren zu können.
Stephanie Harm & Dr. Kai Fischer
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